Bombe in Belfast

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Behörden machen IRA-Splittergruppen für Attentat auf Polizisten verantwortlich

In Nordirland haben Unbekannte in der Nacht zu Sonntag einen Sprengstoffanschlag auf eine Polizei­streife verübt. Die Beamten des Police Service of Northern Ireland (PSNI) waren per Telefon zu einem Einsatz an einen Weg nahe einer vielbefahrenden Autobahn im Norden Belfast gerufen worden, als eine Bombe detonierte. Die drei Polizisten blieben unverletzt, erlitten jedoch einen Schock. Die Umgebung sowie ein Abschnitt des M5 Motorway blieben wegen umfangreicher Sucharbeiten, die auch von Spezialisten der britischen Armee geführt wurden, bis zum Montag gesperrt. Erste Untersuchungen ergaben, daß der Sprengsatz per Mobiltelefon ferngezündet wurde, jedoch nur teilweise explodierte.

Nach Angaben der BBC vermuten Sicherheitskräfte irisch-republikanische Splittergruppen als Urheber für die Attacke, zu dem Anschlag bekannt habe sich jedoch noch niemand. Die Abgeordnete der Linkspartei Sinn ­Féin im nordirischen Regionalparlament, Carál Ní Chuilín, äußerte gegenüber Ulster TV, sie sei bestürzt über den Vorfall und froh, daß niemand getötet wurde. Die Attentäter seien Gegner des Friedensprozesses.

Der Angriff war der zweite binnen weniger Tage. Eine Woche zuvor hatte die Polizei in Derry an der Grenze zur Republik Irland einen Anschlag vereitelt. Beamte des PSNI stoppten einen Lieferwagen, der mit einer Vorrichtung zum Abfeuern von Mörsern sowie entsprechender Munition bestückt war. Das Dach des Fahrzeuges war herausgeschnitten, so daß die Granaten direkt aus dem Fahrzeug heraus hätten abgefeuert werden können. Die Insassen des Wagens, zwei Männer aus Derry, sitzen in Untersuchungshaft.

Die Zeitung Guardian berichtet, für diese Attacke sei eine Organisation verantwortlich, die als »New IRA« bezeichnet wird. Zu dieser hatten sich mehrere kleine Gruppierungen im Sommer des vergangenen Jahres zusammengeschlossen (jW berichtete). Die eigentliche IRA führte von Ende der 1960er Jahre bis 1997 einen Guerillakrieg gegen die britische Militärbesatzung und für die Wiedervereinigung Irlands. Sie stellte sich jedoch hinter einen umfassenden Friedensprozeß, der maßgeblich auch von der Linkspartei Sinn Féin unterstützt wurde. Nach einer Phase der Selbstentwaffnung verkündete die IRA im Jahr 2005 das »endgültige Ende ihrer bewaffneten Kampagne«.

Der Friedenskurs von Sinn Féin stieß jedoch auch auf Widerspruch innerhalb der irisch-republikanischen Bewegung. Einige schlossen sich zu Kleinstgruppen zusammen, die am bewaffneten Kampf festhalten, jedoch untereinander tief verfeindet sind. Bereits mehrfach soll es zu Auseinandersetzungen zwischen Mitgliedern etwa von »Continuity IRA« oder »New IRA« sowie auch innerhalb der jeweiligen Organisation gekommen sein. So wurde am vergangenen Mittwoch Peter Butterly in Gormanston nördlich von Dublin vermutlich von ehemaligen Kampfgefährten erschossen. Der 35jährige soll einst regionaler Kommandeur der »Real IRA« gewesen, dann jedoch bei seiner Organisation wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten in Ungnade gefallen sein. Die Polizei nahm fünf Männer in der Nähe des Tatortes fest. Nach Medienangaben standen einige der Festgenommenen unter Beobachtung einer Spezialeinheit der irischen Polizei Gardaí.


Erstveröffentlichung: Junge Welt, 13.3.2013: weiterlesen >>