Internationale Erklärung zum Baskenland: Zwölf international bekannte MenschenrechtlerInnen verschiedener Länder fordern von Spanien und Frankreich „neue Schritte …, um eine politische Lösung des Konflikts zu erreichen“. Piedad Esneda Cordoba Ruiz aus Kolumbien, Bill Bowring aus Großbritannien, Nelly Maes aus Flandern, Nora Morales de Cortiñas aus Argentinien, Essa Mossa aus Südafrika, George Mavrikos aus Griechenland, Michael Tubiana aus Algerien, Alexander Moumbaris aus Ägypten, Padre Alberto Franco aus Kolumbien, Javier Giraldo Moreno aus Kolumbien, Peter Madden aus Irland und Marjorie Cohn aus den USA bitten Spanien und Frankreich um ein Ende ihrer konfliktbezogenen Sondermaßnahmen und um die Respektierung der Rechte der Gefangenen.
Erklärung in deutscher Übersetzung: Am 17. Oktober 2011 fand in Donostia – San Sebastian eine internationale Konferenz zur Lösung des baskischen Konflikts statt. Eine Vielzahl baskischer Persönlichkeiten und Organisationen nahm gemeinsam mit einer bedeutenden internationalen Delegation unter Leitung des ehemaligen UN Generalsekretärs Kofi Annan teil. Ergebnis der Konferenz war die Erklärung von Aiete, benannt nach dem Tagungsort. In der Erklärung von Aiete riefen die internationalen Konfliktmoderatoren zu einem Prozess des Dialogs und der Verhandlungen auf. Voraussetzung hierfür sollte die Bekanntgabe des endgültigen Endes ihrer bewaffneten Aktivitäten durch ETA sein. Nur wenige Tage später kam die geforderte Erklärung von ETA, womit eine einzigartige historische Möglichkeit geschaffen wurde, die Ursachen und die Konsequenzen des Konflikts zu adressieren.
In diesem neuen Szenario, dem eine fast zwölfmonatige Periode eines verifizierten Waffenstillstands vorausging, sind auch neue Schritte nötig, um eine politische Lösung des Konflikts zu erreichen. Es ist an der Zeit, die Sondermaßnahmen, die zur Anwendung kamen, zu beenden. Diese Maßnahmen haben sich nicht nur als nutzlos, sondern als kontraproduktiv erwiesen. Als Antwort auf das Ende der bewaffneten Aktivitäten sind politische Schritte nötig, die dazu beitragen, die Bedingungen für einen gerechten und dauerhaften Frieden zu schaffen. Aus all diesen Gründen bitten die Unterzeichner und Unterstützer dieser internationalen Initiative die Verantwortlichen in Spanien und Frankreich um folgende initiale Schritte zur Konsolidierung des Friedensprozesses:
- Die sofortige Freilassung von schwerkranken Gefangenen, für die die aktuelle Gesetzeslage eine Freilassung vorsieht, um eine adequate Behandlung ihrer Krankheit zu ermöglichen.
- Die Freilassung der Gefangenen, die sich wegen der Anwendung der Doktrin 197/2006 (eine auch als „Parot Doktrin“ bekannte nachträgliche Haftverlängerung) durch die spanischen Gerichte in Haft befinden, sowie die Freilassung der Gefangenen, die die Bedingungen vorzeitiger Entlassung erfüllen.
- Ein Ende der Politik der Zerstreuung (Unterbringung weit entfernt vom Heimatort), einer Massnahme, die willkürlich auf baskische Gefangene angewendet wird, und ihre Unterbringung in Gefängnissen in der Nähe ihrer Familien.
- Die unverzügliche Freilassung von Arnaldo Otegi und all dener, die sich allein wegen ihrer Gesinnung oder ihrer politischen Aktivitäten in politischen Parteien, Gewerkschaften, Jugendorganisationen, sozialen Bewegungen und in den Medien in Haft befinden. Anklagen und europäische Haftbefehle, die wegen solcher Aktivitäten ergangen sind, müssen aufgehoben werden. Priorität muss jetzt die Konstruktion eines politischen Freiraums für Dialog haben, nicht die Rückkehr zu den gewohnten Rezepten von Seite der Polizei und der Justiz. Es ist an der Zeit, den Frieden aufzubauen, es ist an der Zeit, eine Zukunft zu gestalten, die sich auf Menschenrechte gründet, auf Gerechtigkeit, Wahrheit und die Unterstützung all derjenigen, die im Konflikt gelitten haben.
Webseite onthepathtopeace.eu
Internationale Erklärung und kurze Biographien der UnterstützerInnen in englischer, französischer, spanischer, deutscher und baskischer Sprache: weiterlesen >>
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Unterstützer und Unterstützerinnen
Piedad Esneda Cordoba Ruiz
(Kolumbien, 1955)
Rechtsanwältin, Mitglied des Repräsentantenhauses des kolumbianischen Parlaments (1992-1994), Senatorin der Liberalen Partei Kolumbiens (1994-2010), Nominiert für den Friedensnobelpreis (2009), Vertreterin von „Colombianos y Colombianas por la Paz“
Bill Bowring
(Großbritannien, 1949)
Rechtsanwalt, Professor der juristischen Fakultät des Birkbeck College, University of London, Internationaler Geschäftsführer der Haldane Society der sozialistischen Anwälte, Präsident der Europäischen Vereinigung von Juristinnen & Juristen für Demokratie und Menschenrechte, Vorstandsmitglied des Bar Human Rights Committee of England and Wales, des Council of Liberty, sowie Bevollmächtigter des REDRESS Trust.
Nelly Maes
(Flandern, 1941)
Abgeordnete der Volksunie Party im Föderalen Parlament Belgiens (1971-1977 / 1985-1991), Senatorin (1978-1981 und 1991-1995), Abgeordnete des Flämischen Parlaments (1995-1998), Abgeordnete des Europäischen Parlaments (1999-2004), Präsidentin der Europäischen Freien Allianz (2004-2009), Präsidentin des Flemish Institute for Peace, einer Organisation des Flämischen Parlaments.
Nora Morales de Cortiñas
(Argentinien, 1930)
Menschenrechtsaktivistin in Argentinien, Mitbegründerin der Mütter der Plaza de Mayo – Gründerinnen, Ehrendoktorwürde der Freien Universität in Brüssel und der argentinischen Universität in Salta als Anerkennung ihrer Verdienste zur Verteidigung der wirtschaftlichen und sozialen Rechte der argentinischen Bevölkerung.
Essa Mossa
(Südafrika, 1936)
Rechtsanwalt mit dem Spezialgebiet Menschenrechte (1962-1997), Richter der Großen Kammer am Obersten Berufungsgericht Südafrikas (1998-2011), Gründungs- und Vorstandsmitglied der National Association of Democratic Lawyers und Präsident ihres Menschenrechtskomitees, Vorsitzender der Verfassungskommission des African National Congress (ANC).
George Mavrikos
(Griechenland, 1950)
Gewerkschafter, derzeit Vorsitzender der World Federation of Trade Unions (seit 2005), Generalsekretär der GSEE des Dachverbands der griechischen Gewerkschaften (1993-1997), Abgeordneter der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) im Griechischen Parlament (2007-2012).
Michael Tubiana
(Algerien, 1952)
Anerkannter Menschenrechtsanwalt und Menschenrechtsaktivist, Präsident der Französischen Liga für Menschenrechte (2000-2005). Derzeit Ehrenpräsident der Liga für Menschenrechte.
Alexander Moumbaris
(Ägypten, 1936)
Gewerkschafter, Aktivist gegen Apartheid. Verhaftung 1973, Verurteilung zu 12 Jahren Gefängnis. Anerkannter Akivist gegen Imperialismus und Kolonialismus.
Padre Alberto Franco
(Kolumbien)
Kolumbianischer Missionspriester. Anerkannter Menschenrechtsaktivist in Kolumbien.Geschäftsführer der Ökumenischen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden (CIJP). Javier Giraldo Moreno
(Kolumbien, 1944)
Kolumbianischer Jesuit. Gründer der Ökumenischen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden, die 45 katholische religiöse Gemeinschaften umfasst. Geschäftsführer des lateinamerikanischen Permanent People’s Tribunal (1989-1991). John Humphrey Freedom Award (1997) der kanadischen Menschenrechtsorganisation Rights and Democracy in Anerkennung seines Einsatzes für Menschenrechte.
Peter Madden
(Irland)
Rechtsanwalt. Präsident des Criminal Law Committee. Mitglied des Access to Justice Committee und Bevollmächtigter der Criminal Bar Association. Leiter eines Teams von Rechtsanwälten, das die Mehrheit der Familien der an Bloody Sunday in Derry Getöteten und Verwundeten vertrat. Derzeit vertritt er die Familien im Kampf um eine gerechte und vernünftige Entschädigung. Nominiert als Menschenrechtsanwalt des Jahres (2000) von der Organisation Liberty/Justice.
Marjorie Cohn
(Vereinigte Staaten von Amerika)
Ehemaliger Präsidentin der National Lawyers Guild der Vereinigten Staaten von Amerika. Strafrechtsprofessorin mit Schwerpunkt internationale Menschenrechtsgesetzgebung der Thomas Jefferson School of Law in San Diego, Kalifornien. Expertin für internationale Menschenrechte und Außenpolitik der Vereinigten Staaten.