Oraniermarsch durch Ardoyne verboten – Bürgerkomitees aus Ardoyne sagen geplante Proteste ab

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Protest gegen Oraniermarsch
Ardoyne, Belfast, August 2010

Irish Republican News (vom 10. Juli, leicht gekürzt) und zusätzliche aktuelle Nachrichten: Die vom britischen Nordirlandministerium 1998 eingesetzte „Parades Commission“, die in Nordirland über Proteste gegen Oraniermärsche entscheidet, verbot gestern den geplanten „Rückkehrmarsch“ des Oranierordens, der direkt an dem irischen Viertel Ardoyne vorbeiführt. Ardoyner Bürgerrechtsgruppen haben daraufhin ihre geplanten Proteste abgesagt. Die „Crumlin and Ardoyne Residents‘ Association (CARA)“ und das „Greater Ardoyne Residents‘ Collective (GARC)“ gaben diese Entscheidung auf einem Treffen am gestrigen Mittwochabend bekannt. Der für Ardoyne zuständige Abgeordnete des nordirischen Regionalparlaments, Gerry Kelly von Sinn Féin, bezeichnete diesen Schritt als „vertrauensbildende Maßnahme“.

Die Entscheidung der Parades Commission, den „Rückkehrmarsch“ des Oranierordens entlang der Ardoyner Shops in Nordbelfast am morgigen 12. Juli 2013 zu verbieten, wurde weithin begrüsst. Die Parades Commission traf diese Entscheidung, weil keine Einigung zwischen Oranier Orden und Anwohnern in Ardoyne gefunden wurde. Der weniger umstrittende „Morgenmarsch (aus Nordbelfast ins Belfaster Stadtzentrum)“ wird mit Auflagen genehmigt.

Hunderte Oraniermärsche sind für Freitag, den 12. Juli, geplant. Die Oranier Orden benutzen den Jahrestag der Schlacht „Battle of the Boyne“ im Jahr 1690, als König Wilhelm III. (protestantisch) Jakob II. (katholisch) im Kampf um den Thron von England besiegte, seit langem zum Schüren anti-irischer und anti-katholischer Ressentiments. „Sectarian“ nennt man diese Spielart von Rassismus in Nordirland.

Die jährlichen Oraniermärsche durch irische Stadtviertel im Norden Belfasts haben in den vergangenen Jahren zu intensiver Gewalt zwischen Anwohnern und der Polizei geführt. Typischerweise erzwingt die Polizei mit allen Mitteln die Durchführung der Märsche.

Nach dem gestrigen Erfolg forderten unionistische (pro-britische) Politiker sofort die Abschaffung der Parades Commission. Diese konterte, es sei Zeit „den Kreislauf an Beschuldigungen zu beenden, der die Auseinandersetzung um die Märsche belastet“. Es wurde außerdem bekannt, dass 630 britische Polizisten, die die nordirische Polizei wegen des G8-Gipfels unterstützten, auch in der „Marschsaison“ eingesetz werden sollen. Als „Marschsaison“ bezeichnen die Iren die Sommermonate von Mitte Juni bis Ende August wegen der Tausenden Oraniermärsche, die vor allem in Nordirland stattfinden.

Gespräche in letzter Minute zwischen der Crumlin and Ardoyne Residents Association (CARA) und dem Orange Order waren erfolglos geblieben. Der Abgeordnete für Nordbelfast Gerry Kelly begrüßte die Entscheidung der Parades Commission. „Damit wurde die Möglichkeit geschaffen, die Gespräche weiterzuführen“, sagte er. „Die Entscheidung, direkte Gespräche zu beginnen, war mutig von beiden Seiten, von CARA und auch vom Oranierorden. Beide haben vereinbart, die Gespräche weiterzuführen. Ein friedlicher 12. Juli ist dafür eine gute Grundlage. So kann vielleicht eine lokale Lösung des Problems gefunden werden.

Die Nordbelfaster DUP Politiker Nigel Dodds und Nelson McCausland forderten die Abschaffung der Parades Commission. „Diese Entscheidung hat die Ligoniel Loge des Oranier Ordens in eine unmögliche Position gebracht,“ heisst es in ihrer gemeinsamen Erklärung. „Ihnen wird das Recht verwehrt, friedlich und mit Würde auf demselben Weg heimzukehren, den sie seit Jahrzehnten benutzen. Die einzige Antwort hierfür ist die Abschaffung der Parades Commission. Dieses Relikt direkter britischer Regierung in Nordirland ist überholt und ausser Kontrolle. Es hat keine demokratische Legitimation.“

Das Greater Ardoyne Residents Collective (GARC), das nicht zu den Gesprächen eingeladen war, nannte die Entscheidung der Parades Commission lange überfällig. Das Kollektiv hatte am vergangenen Dienstag gegen den geplanten Marsch demonstriert und nannte ihn „einen hasserfüllten Zug von Sectarianism und Bigotterie.“ …


Foto (August 2010): Protest der Crumlin and Ardoyne Residents‘ Association (CARA) vor den Ardoyne Shops gegen eine der vielen jährlichen Oraniermärsche. Eine Delegation von Info Nordirland war anwesend und unterstützte die Anwohner.

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