Kapitulation vor pro-britischen Friedensgegnern

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Interview mit Gerry Kelly (Sinn Fein, Abgeordneter der Assembly, des nordirischen Regionalparlaments für Nord Belfast und Fraktionssprecher des SF Assembly Teams) zur Ankündigung der britischen Nordirlandministerin Theresa Villiers, den Vorschlägen der pro-britischen Unionisten zu folgen und ein Panel zu einem umstrittenen Oraniermarsch durch Ardoyne in Nord Belfast einzurichten. Weil zwei Jahre in Folge der Marsch durch die ebenfalls von der britischen Regierung eingesetzte Parades Comission verboten wurde, hatten pro-britische Hardliner ein „Protestcamp“ eingerichtet und die Abgeordneten von DUP und UUP dazu gebracht, Verhandlungen abzubrechen, die eigentlich umstrittene Fragen wie Oranierparaden, Fahnen und die Aufarbeitung des Konflikts lösen sollten (siehe dazu auch Hinweis unten).

Übersetzung des Beitrags:

Gerry Kelly, Ihre Reaktion auf die heutige Ankündigung der SOS (Secretary of State) Villiers?

Gerry Kelly: „Oh, das ist ganz klar eine Kapitulation der britischen Regierung vor einem unionistischen (pro-britischen) Ultimatum, nachdem die Unionisten die gemeinsamen Verhandlungen der Parteiführungen verlassen haben. Zu den nun angesetzten Untersuchungen und zu den Geschehnissen in Ardoyne: das wird ohne Zweifel die Autorität der Parades Comission untergraben. Das Vorgehen hat nicht die Unterstützung der gewählten Representanten des Viertels oder seiner Anwohner. Es wird keinen Erfolg haben. Es handelt sich nicht um eine Mediation. Sie versucht, das so zu verkaufen. Aber jeder mit Erfahrung in Mediationsprozessen weiss, dass es keinen solchen Prozess geben kann, wenn die Mediatoren nicht von allen Seiten akzeptiert sind. Und die britische Staatssekretärin (für Nordirland) ist die völlig falsche Person, um ein entsprechendes Panel zusammenzustellen. Sie hat in den irischen Vierteln keine Glaubwürdigkeit und unterstützt hier ganz klar die Agenda der Unionisten. Wie stellt sie sich vor, ein abgestimmtes Panel zusammenzustellen?

Der Beschluss unterminiert die Parades Comission, eine offizielle Stelle, die über umstrittene Paraden entscheidet. Sie wurde von der britischen Regierung gegründet und nun entscheidet sich die britische Regierung dafür, gegen die von ihr selbst eingesetzte Kommission zu arbeiten. Von außen betrachtet ist es klar, dass das nicht funktionieren kann und dass es sich um ein klares Zugeständnis an die Gegner des Friedensprozesses handelt. Diese sind Teil der unionistischen Lagers und gegen das Karfreitagsabkommen und alle anderen seither ausgehandelten Abkommen.

Wir haben klar betont, dass wir für Verhandlungen sind, für Dialog und auch für einen Mediationsprozess. Es gab bereits einen solchen Prozess, der die beiden Kirchen involvierte. Dazu gab es eine Übereinkunft. Der Oranierorden brach den Prozess ab. Der Prozess kann jedoch wieder nach einer neuen Übereinkunft über die Mediatoren beginnen.

Wenn die Unionisten diesen Marsch zum Thema machen wollen, sollen sie sie in die Verhandlungen einbringen, zusammen mit den anderen Märschen. Ich repräsentiere Nord Belfast und sage, dies ist ein einzelner Punkt, während wir uns mit allen Oraniermärschen beschäftigen und damit, was von den Hass-Vorschlägen (zur Lösung der strittigen Themen) übrig geblieben ist. Das sind die Märsche der Oranier, Identität, Fahnen und die Aufarbeitung des Konflikts. Der umstrittene Marsch in Ardoyne ist ein wichtiges Thema in Nord Belfast, aber er ist trotzdem ein kleines Thema. Es sollte als Teil der übergeordneten Verhandlungen gelöst werden. Und es war kein gutes Zeichen, dass die Unionsten diese Verhandlungen verlassen haben.“


Siehe auch: „Mühsam und notwendig“ – Bericht über die Verhandlungen zu strittigen Themen (Jan 2014) weiterlesen >>