„Artesanos de la Paz (Handwerker des Friedens)“ kündigen vollständige und verifizierte Aktion der Entwaffnung von ETA an.
Am 9. April könnte die baskische ETA (Euskadi Ta Askatasuna, Baskenland und Freiheit) eine Untergrundorganisation ohne Waffen sein. Das haben die „Artesanos“ am Wochenende auf einem Kongress in Biarritz erläutert. Sie wissen aus eigener Erfahrung, dass sie sich damit gegen die spanische Regierung stellen, die bisher alle Versuche der ETA, ihre Waffen auf geordnete Weise abzugeben, blockiert hat. Denn der erste Versuch der fünf prominenten Menschenrechtsaktivisten aus Iparralde, dem französischen Teil des Baskenlands, endete kurz vor Weihnachten mit ihrer Verhaftung. In Zusammenarbeit mit ETA wollten sie eines der Waffenlager der Organisation in Luhuso (Louhossoa) unschädlich machen. Dass die französische Regierung sich auf die Seite Madrids stellte, die die Entwaffnung aus politischen Gründen hintertreibt, führte in Iparralde zu großer Empörung. Zu Tausenden gingen Menschen auf die Straße und bekundeten ihre Solidarität mit den Verhafteten, die angesichts dieses gewaltigen Drucks der Bevölkerung schnell frei kamen. Fast alle Abgeordneten und über die Hälfte der Bürgermeister der Region wandten sich parteiübergreifend in einem Brief an ihre Zentralregierung und forderten sie auf, einen legalen Weg zur Entwaffnung der ETA zu ermöglichen.
Es macht viele wütend, die französische Regierung im Schlepptau einer rechten, von Korruptionsvorwürfen geschüttelten spanischen Regierung den so notwendigen baskischen Friedensprozess aus eigennützigen Parteiinteressen blockiert und sogar die Chance auf die Zerstörung illegaler Waffenlager mitten in Europa vertut. Plan A ist deshalb, die französische Regierung dazu zu bewegen, die Entwaffnungsaktion zu unterstützen und damit zu legalisieren. Plan B ist, sie auch ohne Unterstützung durch die französische Regierung durchzuführen. Dabei setzen die „Handwerker des Friedens“ erneut auf die inzwischen bewährte Taktik des zivilen Ungehorsams, diesmal unterstützt von einer großen Anzahl an Menschen der Region. Dem Druck der Bevölkerung können sich auch die regierenden Konservativen der Baskischen Autonomen Gemeinschaft (CAV) auf der spanischen Seite der Grenze nicht entziehen. Der Lehendakari (Ministerpräsident) Urkullu hat der Aktion die Unterstützung seiner Regierung zugesagt. Auch sein Koalitionspartner, die Regionalpartei der spanischen PSOE, stimmt dem zu.
Die Aktivisten sind der Meinung, dass die Entwaffnung die Bedingung schafft, andere ausstehende Probleme des Konflikts zu lösen. In erster Linie ist das die Situation der etwa 350 baskischen politischen Gefangenen, die in Spanien und in Frankreich immer noch unter verschärften Sonderbedingungen der Anti-Terrorgesetze inhaftiert sind. Außerdem nutzte die spanische Regierung die Anti-Terrorgesetze in den letzten Jahren zur Verhaftung unliebsamer politischer Aktivisten als angebliche Unterstützer der ETA und nach wie vor zur Einschüchterung der Bevölkerung. In der baskischen Stadt Altsasu protestieren Tausende gegen die Kriminalisierung von Jugendlichen, die nach einer Kneipenrangelei als „Terroristen“ verfolgt werden, nur weil sie sich mit Mitgliedern der Militärpolizei Guardia Civil angelegt hatten. Mit einer ETA ohne Waffen lässt sich eine Terrorgefahr jedoch kaum mehr konstruieren. Fortschritte bei der Entwaffnung würden den eingefrorenen Friedensprozess wieder beleben, davon sind die „Artesanos de la Paz“ überzeugt.
Erstveröffentlichung (mit leichten Änderungen): junge Welt vom 24.3.2017 >>