Autobombe tötet Polizisten

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Attentat ist Anschlag auf den Friedensprozeß in Nordirland

Der Polizist Ronan Kerr ist am vergangenen Samstag vor seinem Haus im kleinen Dorf Killyclogher im Westen Nordirlands von einer Autobombe getötet worden. Man geht derzeit davon aus, daß das Attentat von einer der drei noch bewaffnet agierenden irisch-republikanischen Splittergruppen verübt wurde. Alle Parteien verurteilten das Attentat auf das Schärfste. Gerry Adams, Präsident der irischen Linkspartei Sinn Féin, nannte es »einen vergeblichen Versuch«, die bisher im nordirischen Friedensprozeß erzielten Erfolge zu zerstören.

Der Polizist stammte aus dem irischen, größtenteils katholischen Bevölkerungsteil Nordirlands. Polizist konnte er nur auf Grund der Fortschritte im Friedensprozeß werden. Im Jahr 2007 hatten sich Sinn Féin, die als irisch-republikanische Partei für ein vereinigtes Irland eintritt, und die pro-britische DUP auf eine gemeinsame Regierung geeinigt. Für diese Einigung der ehemaligen Gegner im Nordirland-Konflikt gab Sinn Féin ihre prinzipielle Ablehnung der Polizei auf. Die Partei verfolgt seither das Ziel, die während des Konflikts paramilitärisch agierende Polizei in eine zivile Bürgerpolizei umzuwandeln. Tausende Aktivisten in ganz Nordirland hatten im Vorfeld in Großversammlungen diesen Schritt öffentlich diskutiert und ihn schließlich mit großer Mehrheit gebilligt.

Trotzdem ist die Akzeptanz der Polizei für viele emotional eine der am schwierigsten zu verdauenden Folgen des Friedensprozesses. Denn die Polizei war während des Konflikts berüchtigt für ihren anti-irischen und antikatholischen Rassismus, für unzählige Verquickungen mit pro-britischen Terrorgruppen. Auch nach 2007 blieben die alte Garde und der alte Geist in Teilen noch erhalten. Als im Jahr 2009 der katholische Familienvater Kevin McDaid von einem Schlägertrupp der zum militant antikatholischen Lager zählenden Terrorgruppe UDA (Ulster Defense Association) vor seiner Haustür zu Tode geprügelt wurde, beschuldigten Nachbarn die Polizei, bewußt nicht eingegriffen zu haben.

Das tödliche Attentat auf Ronan Kerr war nicht das erste seiner Art. Polizisten aus den irischen Vierteln sind das bevorzugte Ziel der Anschläge der Splittergruppen, die politisch keine Rolle spielen. Die Wut der Menschen in den irisch-republikanischen Vierteln darüber sei groß, sagte Gerry Adams, weil diese Attentate als »Anschlag auf den Friedensprozeß« verstanden werden, der von einer überwältigenden Mehrheit in Irland unterstützt wird.


Erstveröffentlichung: Uschi Grandel in junge Welt vom 5.4.2011 >>