Irland wird schlimmer denn je geteilt sein

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Der Belfaster Journalist Brian Feeney analysiert in der Irish News vom 8. Februar 2017 die Aussagen der britischen und irischen Regierung zur inneririschen Grenze zwischen der Republik Irland und Nordirland, die bei einem Brexit zur EU-Außengrenze zu werden droht. Die Mehrheit der Nordiren hatte sich beim Brexit-Referendum für einen Verbleib in der EU ausgesprochen.

Die britische Regierung hat vor, die irische Insel schlimmer denn je zu teilen. Macht Euch da nichts vor, das ist die rücksichtslose Konsequenz der Entscheidung der konservativen Regierung, die europäische Zollunion zu verlassen. Die aktuelle Sprachregelung, die sich auch im Gesetzentwurf zum Brexit findet, beschreibt die  aus dem Brexit resultierende Grenze „so nahtlos und reibungslos als möglich“. Aber Theresa May und ihre Minister wissen, dass dieser Beschreibung keinerlei Bedeutung zukommt.

Auswirkungen des Brexit auf Irland

Eine weitere Formulierung im Gesetzentwurf „damit wir weiterhin den Handel und die täglichen Grenzübertritte sehen, die wir heute vorfinden“ ist schlichtweg Unsinn. Das kann so nicht passieren. So langsam dämmert das auch den Regierungsmitgliedern in Dublin nach ihrem deprimierenden Treffen mit Theresa May, die gerade frisch von einem verzweifelten Anbiederungsversuch an Trump und Erdogan zurückgekehrt war.

In einer seiner wenigen ernsthaften Antworten in der Fragestunde des (irischen Parlaments) Dáil, gab der (Regierungschef) Enda Kenny auf die Frage des Sinn Féin Fraktionschefs (Gerry Adams) zu besagtem Treffen Folgendes zu: „der Abgeordnete Adams fragt mich, ob wir eine Situation haben werden, in der es keine Landgrenze zwischen der Republik und Nordirland gebe. Ich bin mir nicht sicher, ob wir das erreichen werden.“ Der ehemalige Abgeordnete für Louth, Dermot Ahern, sagte voraus, es werde „Kontrollen, vor allem auf der Südseite geben“ und fügte hinzu: „Das wird ein Disaster für uns werden.“

Das Geschwätz über eine „Gemeinsamen Reiseregion (Common Travel Area, CTA)“ im Gesetzentwurf ist genau das – Geschwätz. Es hat nichts mit Handel, Wirtschaft und Zöllen zu tun und die Briten wissen das genau. Außerdem gab es die CTA auch während des Nordirlandkonflikts. Sie konnte nicht verhindern, dass es zu kilometerlangen Schlangen auf beiden Seiten der Grenze kam, dass auf Befehl irgendeines dämlichen Fanatikers Menschen willkürlich angehalten, durchsucht und in Flughäfen an der Weiterreise gehindert wurden.

Was können wir tun?

Die beiden Zollexperten Michael Lux und Eric Pickett haben genaustens beschrieben, was an jeder neuen Grenze zwischen der EU Zollunion und dem UK passieren muss. „In Irland wird die Zollgesetzgebung der EU auf alle Bewegungen von Gütern (zwischen dem Norden und dem Süden) angewendet. werden. Die EU Importregeln zur Mehrwertsteuer und  zu Sondersteuern, wie beispielsweise auf  Tabak oder Alkohol, werden ebenfalls Anwendung finden, wenn Güter von Nord nach Süd transsportiert werden.“ Auch ihre weiteren Ausführungen machen klar, dass der Gesetzentwurf Unsinn ist und es nicht möglich sein wird,  „weiterhin den Handel und die täglichen Grenzübertritte (zu) sehen, die wir heute vorfinden“.

Lux und Pickett gehen noch weiter ins Detail, beschreiben eine Obergrenze für Güter im Wert von 300 € und die Notwendigkeit von Zollkontrollen. Es ist nicht nötig, das genau auszuarbeiten. Die Frage ist vielmehr, was wir tun können, um es zu verhindern. Unglücklicherweise sind wir mit Enda Kenny (als Regierungschef der Republik Irland) gestraft, der als Person dem Wort „ineffizient“ eine neue Bedeutung gibt. Es sieht aus, als würde er bis zum Besuch des Papstes 2018 noch hier herumhängen.

Hier (in Nordirland) muss auf kurze Sicht die Frage des Brexit Bestandteil jeder Verhandlung über das Programm einer künftigen Regionalregierung werden. Darauf hat bereits (die neue Sinn Féin Chefin für Nordirland) Michelle O’Neill hingewiesen. Verhandlungen werden gemeinsam von Charlie Flanagan und unserem Prokonsul (dem britischen Nordirlandminister James Brokenshire) geleitet. Damit werden wir genau wissen, was Theresa May denkt, denn Brokenshire ist ihr lokales Sprachrohr. Einen eigenen Gedanken hat er bisher noch nicht geäußert. Sinn Féin muss ihre Stärke im (südirischen Parlament) Dáil (als stärkste Oppositionspartei) dazu benutzen, dass die Interessen Nordirlands möglichst weit oben auf der Agenda der Verhandlungen der Republik Irland mit den anderen 27 Mitgliedsstaaten der EU stehen.  Denn die sind es, nicht Großbritannien, die letztendlich über das Arrangement entscheiden.

In der Antwort auf die Frage seines Kumpels Wilson, des Konferenzclowns der (rechten und pro-britischen) DUP, zeriss unser Prokonsul letzte Woche die Idee eines Sonderstatus für Nordirland . Die Medien hier reagierten, als ob seine Haltung in irgendeiner Frage relevant wäre. Dabei hat das UK den Artikel 50 noch nicht einmal getriggert. Verhandlungen haben noch nicht begonnen und wenn sie beginnen, wird unser Prokonsul nicht involviert sein. Das wird zwischen Irland und dem UK auf der einen und zwischen der EU und dem UK auf der anderen Seite ausgehandelt.

Ein paar interessante Themen enthält der Gesetzentwurf neben allen Fantastereien. Gibraltar wird acht Mal erwähnt. Beispielsweise : „Gibraltar hat eigene Interessen, da Abkommen der EU zum großen Teil in Gibraltar gelten, es aber auch Ausnahmen gibt (Gibraltar ist beispielsweise nicht Teil der Zollunion)“. Gibraltar stimmte übrigens mit 96% gegen den Brexit. Das sieht nach Sonderstatus aus. Wird Spanien zustimmen? Raum für interessante Verhandlungen. Es ist alles drin.


Erstveröffentlichung: Brian Feeney (Irish News vom 8.2.2017, in englischer Sprache) >>

Übersetzung: Uschi Grandel, 13.2.2017 (erläuterungen der Übersetzerin in Klammern)